Samstag, 10. Dezember 2016

Filterblasen


Es geschah vor nahezu 2000 Jahren. Da war eine winzig kleine Gruppe von Männern und Frauen - an der Zahl um die dreißig. Sie alle waren eines Geistes. Ängstlich saßen sie beisammen, in einem verwinkelten Versteck, ein dunkler Raum, nichts zu essen, nichts zu trinken und in ihren Seelen tief erschüttert. Ihr bester Freund wurde wegen dem, wovon er überzeugt war, was er dachte, was er sagte grausam getötet. Und damit aus ihrer innigen Gemeinschaft herausgerissen, die sie die letzten drei Jahre miteinander teilten. Lebten sie zuvor noch frohen Mutes jeden Tag aufs Neue, erschien es ihnen nun so, als wolle sie jede einzelne Tagesstunde unerbittlich quälen und nicht zu Ende gehen.
Drei volle Tage vergingen.
Sie weinten miteinander, haderten, beteten, hofften und suchten einander ihren Glauben zu stärken. Daran, dass ihr gemarterter Freund sein Versprechen einhalten wolle, welches er ihnen vor seiner Hinrichtung gab. Da er ihnen sagte, er sei bei ihnen, bis an das Ende der Zeit und darüber hinaus.
Diese Männer und Frauen verließen einander nicht. Vielmehr hielten sie sich bei den Händen, ungesprochenen Wortes pochten ihre Herzen im Gleichklang. Mit ihren vertränten Augen schenkten sie sich ein stilles Lächeln, immer getragen von der Hoffnung, dem Anderen damit dessen eigene Traurigkeit ein wenig mildern zu können.
Wären sie in diesen drei Tagen nicht eines Geistes geblieben, und hätten sie sich mit ihrem Zusammenhalt nicht einander Lebenskraft geschenkt, und hätten sie den Zweifeln, die von außen kamen, mehr Beachtung gegeben als dem Versprechen ihres dahingeschiedenen Freundes, ihre Filterblase wäre geplatzt und so würde sich heute kein Mensch mehr an diese Männer und Frauen erinnern. Aber glücklicherweise hüllten sich diese wunderbaren Menschen in diese Filterblase ein. Innerhalb dieser Blase waren sie integer, unbeirrbar, autark, beständig und kraftvoll. Alles, was nicht ihres Geistes war, wurde wie durch einen Filter außen vor gelassen. Und das war gut so. Denn sie alle verband eine innere Stimme, die ihnen entgegen aller Zweifel und Ängste zuflüsterte, dass sie sich auf dem rechten Weg befinden. Auch wenn sie auf die Offenbarung dieser unaussprechlichen Wahrheit noch warten mussten, so ließen sie sich nicht erschüttern und blieben eines Geistes.
Ihr Freund, um den sie in diesen drei Tagen trauerten, erfüllte sein Versprechen, das er ihnen zuvor gab. Jedoch auf eine Art und Weise, die sie niemals für möglich gehalten hätten. Er kehrte aus dem Tod zurück und trat mitten unter sie. Sein vorheriges Leid, nun verwandelt in eine Frohe Botschaft. Er stärkte ihre Seelen und rüstete sie alle aus mit der Kraft seines Geistes, damit sie ihre Filterblase beginnen konnten, auszudehnen. Um all den Zweiflern und Unkundigen da draußen die Wahrheit erzählen zu können, zum Trotz aller Gegenwehr. Und nachdem er sie beauftragt hatte, ein jeder ausgestattet mit seinem Rüstzeug, verließen sie ihr verwinkeltes Versteck und schritten hinaus auf die belebte Straße. Ohne, dass sie jemand darum ersucht hätte, redeten diese Männer und Frauen offene Worte der Wahrheit und fanden allerorts ebenso offene Ohren und Herzen.
Durchaus machten sich diese Männer und Frauen nicht überall beliebt. Zu gerne hätten die Mächtigen, Reichen und Beherrscher in ihrer Gesellschaft ihnen den Mund verboten und sie getötet. Was diese später dann auch versuchten, als sie feststellen mussten, dass bei allen Warnungen und Verboten, die sie aussprachen und erließen, die Filterblase sich weiterhin in ihrem Volk ausbreitete und sie die Macht über es begannen zu verlieren. Doch diese wunderbaren Menschen ließen sich auch dann nicht beirren und blieben standhaft.

Diese Männer und Frauen bereisten ihr Land und gründeten im Namen der Wahrheit allerorts eigenständige Filterblasen. Später gingen sie dazu über, die Grenzen ihres Landes zu überschreiten, um ebenso bei den anderen Völkern Filterblasen der Wahrheit zu gründen und verantwortliche Nachfolger innerhalb dieser zu benennen. So strichen die Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte und Jahrtausende über die Erde. Die Wahrheit dieser winzig kleinen Filterblase aus dem verwinkelten Versteck, diesem ins Licht verwandelten Raum, der zuvor noch Dunkelheit und Trauer trug, nun aber Freude und Liebe, eroberte die Welt. Heute existieren Millionen dieser Filterblasen rund um die Erde und Milliarden von Menschen folgen dieser einen Wahrheit. Sehr wohl blieb es nicht aus, dass einige dieser Filterblasen im Laufe der Zeit mit Lügen infiziert wurden. Aber der wahre Freund in ihnen lebt noch immer und wartet geduldig darauf, entdeckt zu werden.

All dies begann einzig und alleine damit, dass sich eine Handvoll Menschen in ihrer Filterblase nicht hat beirren lassen. Sie blieben standhaft entgegen allen Drohungen und allem Spot. Denn sie wussten, ihr Freund hat sein Versprechen gehalten, auf dass er immer bei ihnen bleibt.

Die Kraft einer solchen Gewissheit benötigen auch heute wieder unzählige Männer und Frauen, die erkannt haben, dass irgendwas in unserem Land nicht stimmt. Dass die Mächtigen, Reichen und Beherrscher abermals böse Absichten verfolgen und diese gegen das Volk richten. Diesen unerschrockenen Männern und Frauen wird vorgeworfen, sie agierten in einer Filterblase, da sie nur nach Bestätigung ihrer eigenen Meinung suchten. Da deren Wissen jedoch den Kern der Wahrheit in sich trägt und dieser zur Entfaltung verholfen werden soll, suchen die Mächtigen die unzähligen Filterblasen in ihrem Land von allen anderen Filterblasen zu trennen, zu isolieren und zuletzt zum Platzen zu bringen. Aber die Wahrheit lässt sich niemals unterdrücken, gar vernichten. Alleine der Versuch führt dazu, dass die Filterblasen umso schneller wachsen und stabiler werden.

Das ist es, was wir von den dreißig mutigen Männern und Frauen vor 2000 Jahren lernen dürfen. Mutig schritten sie hinaus auf die belebte Straße und dehnten ihre Filterblase aus. Aus den dreißig wurden mehr als dreieinhalb Milliarden Menschen auf der ganzen Erde, in deren Mitte auch heute noch ihr gemeinsamer Freund lebt, der weiterhin sein Versprechen erfüllt.

Nur Mut, ihr Filterblasen. Nur Mut.


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