Donnerstag, 12. Mai 2016

Fünf Minuten nach zwölf

Sanft und freundlich schwingen die Harfenklänge aus einer lichten Ecke, hin zu seinen noch schlummernden Ohren.
»Endlich«, seufzt er. Durch seine noch traumgetränkten Augen erblickt er die riesige Uhr an der Zimmerdecke und liest das wuchtige Ziffernblatt ab.
»Endlich mal wieder so richtig ausgeschlafen«, gähnt er und streckt seine Seele vergnüglich in seinen Körper hinein.
Wie immer nach einer langen, langen, nun sehr langen Nacht, so bleibt er auch heute noch eine Weile unter der kuschlig warmen Bettdecke liegen. Er dreht sich von der einen Seite auf die andere, döst noch ein wenig vor sich hin und streichelt mit seinem Zeigefinger sachte seinen Nacken. Dort, wo er es am liebsten mag, weil es ihn hier besonders angenehm kitzelt. Derweil lässt er allmählich die Taggedanken unter seine Großhirnrinde sickern. Sich reckend und die Glieder streckend durchfährt ihn urplötzlich ein kalter Blitz des Schreckens.
»Fünf nach zwölf? Fünf NACH zwölf? FÜNF NACH ZWÖLF! ACH DU HEILIGER SCHLAMASSEL!«, schreit er, auf dass es das gesamte Schloss beschallt.
Dem Dienstpersonal fährt der Schreckensruf ihres Herrn durch Mark und Bein.
»Weshalb hat mich keiner von Euch Hirnposaunen zur rechten Zeit geweckt?«, schimpft er laut, während er noch torkelnd in seine Jesuslatschen schlüpft und den Gurt seines Morgenmantels eilig verknotet.

Was auch immer ihr im Folgenden noch alles erfahren werdet, so müsst ihr doch zuvor eines wissen. Horst ist im Grunde ein durchaus gütiger und vorbildlicher König. Großmütig, geduldig, den Sorgen seiner Angestellten zugewandt, immer ein liebes und wirklich tröstendes Wort aussprechend, wenn nötig. Die außerordentlich großzügige Entlohnung seines Personals ist ihm eine Selbstverständlichkeit. So sehr freut es ihn, wenn die Geschöpfe um ihn herum sorglos und glücklich sind. Jetzt könnte man annehmen, er täte dies alles nur zum Eigennutz. Wer Horst hingegen besser kennenlernt, der darf erleben, dass es ihn einfach nur freut, wenn er ein geborgenes Gefühl vermitteln kann. Und darin, anderen etwas Gutes zu tun, ist er nebenbei bemerkt außerordentlich talentiert. Meistens bemerken seine Günstlinge seine Wohltaten erst dann, wenn diese verblüfft feststellen, dass sich ihre geheimsten Wünsche auf wundersamsten Wegen ihre Bahnen geebnet haben. Ermuntert beschaut sich Horst dann seine guten Taten und klatscht vergnügt in die Hände. Wie ein kleines Kind, das sich über seine Sandburg freut. Auch ist Horst ein wirklich vorbildlicher Familienvater. Manchmal ist er in seiner Erziehung etwas streng. Zu streng, würden seine engsten Vertrauten hier einwenden. Gleich seiner Frau, die ihn immer mal wieder in seinem Eifer ausbremsen muss.
Überdies hat König Horst einen wahrhaft prächtigen und auf ganzer Line erfolgreichen Sohn sowie eine überaus talentierte, intelligente und wunderschöne Tochter ins Leben geführt. Einzig sein zweitgeborener Sohn macht ihm seit langer Zeit nichts als Ärger. Obgleich Horst ihn enterbt und aus seinem Schloss hat werfen lassen, meint dieser, in Papas Firma noch ein Wörtchen mitreden zu dürfen. Ganz gleich, ob Horst seinem unerzogenen Sohn immer wieder mit Unterlassungsklagen droht oder gar seinen erstgeborenen Sohn in siegreiche Machtstreitigkeiten gegen dessen Bruder schickt. Sein Zweitgeborener hat nichts als dumme Flausen im Kopf. Unaufhörlich sabotiert er Papas Firma. Er nervt die Angestellten mit blödsinnigen aber auch gefährlichen Streichen, lenkt diese von ihrer Arbeit ab, hier und da legt er auch gerne mal ein Feuer. Einmal hätte er es fast geschafft, den ganzen Laden in die Luft zu sprengen. Vorsätzlich wohlbemerkt. Und weil Horst nun mal seinen Zweitgeborenen sehr gut kennt und dessen jüngste Pläne in Erfahrung bringen konnte, gab er seinem obersten Hausangestellten Michael den Auftrag, ihn an diesem heutigen, bedeutsamen Tag frühzeitig zu wecken.

»Frühzeitig lautete mein Befehl. Frühzeitig! Verstehst du das, Michael?«, schimpft Horst seinen persönlichen Diener noch im selben Moment, da er diesem eilig auf der Treppe entgegenstolpert.
»Ja Herr. Sehr wohl verstehe ich, was ihr damit meintet. Daher ließ ich auch zeitig die sieben Posaunen erschallen. Wie ihr mir befahlt. Um exakt Punkt fünf vor zwölf. Ich versichere euch, mein Herr und Gebieter. Die Posaunenbläser bliesen sich die Lungen aus dem Hals. Ein jeder eurer Bürger in eurem gesamten Reich konnten sie hören. Aber ihr, mein Herr, ward partout nicht wach zu bekommen. Aufgeregt ersuchte ich daher euren Sohn, er möge auch ohne eurem Beisein mit der Jahrtausendbilanz beginnen. Doch dieser weigerte sich und betonte nüchtern, weder er noch wir wüssten, wann der rechte Moment gekommen sei. Einzig ihr wüsstet es, versicherte mir euer Sohn. Sich hierauf besinnend und auf euch vertrauend, zog er sich mit seiner Schwester zurück und spielt mit ihr seither Mensch ärgere dich nicht.«
Aufmerksam und still folgt Horst der Erklärung seines Getreuen, immer mal wieder den Kopf schüttelnd.
Schließlich merkt er an: »Wie dem auch sei, Michael. Ich hoffe nur, der Schaden ist nicht all zu groß. Bericht«, befiehlt er zuletzt, mehr feststellend denn fordernd.
Michael hingegen traut sich nicht, es ihm zu sagen. Dennnoch weiß er nur zu genau, dass er nicht umhinkommt, seinem Chef die Katastrophenmeldungen des Jüngsten Tages zu vermelden. Nur wie, fragt er sich heimlich. Denn da ist so unsagbar vieles, was er seinem Chef zu berichten hat, so dass er gar nicht weiß, womit er beginnen soll. Dann aber hat er eine Idee. Er bittet Horst in dessen Arbeitszimmer und hier um ein wenig Geduld. Kurze Zeit später kehrt Michael zurück, einen großen flachen schwarzen Kasten tragend. Von Horsts verwunderten Blicken verfolgt, stellt Michael den Kasten fünf Meter vor ihm auf. Wortlos wendet er sich seinem Chef zu, hebt den Zeigerfinger erkenntnisreich in die Höhe und merkt an: »Ahhhhaaha ha ha, eines fehlt noch!«
Fragend schaut ihm Horst hinterher, wie sein Getreuer den Raum erneut verlässt, kurz darauf hin drei weitere kleine Kästen in den Raum trägt und eifrig damit beginnt, all das merkwürdige Zeug mit Fäden zu verbinden.
»Michael, so sage mir, was der Unfug hier zu bedeuten hat«, will Horst voller Ungeduld wissen.
»Das hier, mein Herr, nennt sich Fernseher. Der Rest drum herum dient der akustischen Verbesserung des Klanges. Die Mitarbeiter in eurer Firma haben das hier vor wenigen Sekunden erfunden. Obgleich erst vor so kurzer Zeit, beherrscht dieses Ding mittlerweile das Denken und Handeln eurer Firmenmitarbeiter. Weltweit, wie ihr wissen müsst.«
»Aha«, stellt Horst nüchtern fest. »Und was macht dieses Ding?«
Ohne weitere Erklärungen verlieren zu wollen, außer: »Es zeigt euch die Welt, wie sie derzeit ist«, schaltet Michael den Fernseher ein, dreht die Dolby Surround Anlage voll auf, setzt sich schweigend mit der Fernbedienung neben seinen Chef und harrt der Dinge, die sie nun zu sehn bekommen.

Damit keine Verwirrung aufkommt, so soll kurz erklärt sein, dass wenn im Himmel die große Uhr um eine Sekunde vorrückt, auf der Erde im selben Moment etwa zehn Jahre vergangen sind.

»Hmmm«, überlegt Michael, »Womit fangen wir am besten an! ... Ahhh ja«, betont er zuletzt und wählt einen Kanal »ZAPP« auf der Fernbedienung. »Die Horrorshow soll beginnen!«

»Oh Lady Schnatteri, Rose meiner schlaflosen Nächte. Niemals ersann ich, gegen Euch zu handeln. So sagt! Glaubt ihr mir?«
»Ja, Sir James. Ich glaube Euch. Doch vielmehr als dies verlangt mein Herz zu wissen: Liebt ihr mich?«
»Wie will mein eigen Herz laut pochend mich nicht verraten, da es unaufhörlich ruft: Lady Schnatteri, ich liebe Euch!«
»Oh Sir James!«
»Lady Schnatteri.«
Knutsch ♪♫ Seusel ♪♫ Schmatz ♪♫ Tataaa ♪♫ ZAPP

»Elegant! Formvollendet! Die Straße gehört Dir. Erfahre sie. Mit deinem neuen Auto ♪♫ Dumm Dumm ♪♫ Dumm Dumm ♪♫! Nur bis zum 31.12. - unser einmaliger Ratenkauf. Mit nur 9,5 % Zinsen auf unser Vorteilsparangebot.« ZAPP

»Habemus Papam!!!« ZAPP

»Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage und fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker!« ZAPP

»ALLAHU AKBAR - ihr totgeweihten Ungläubigen - ihr Schweinefresser - ihr unwertes Pack - ihr Christen ihr - ihr sollt und werdet und müsst alle sterben und in der Hölle schmoren. Wir schneiden euch den Kopf von eurem Rumpf, so wie es Allah unserem Propheten Mohammed befohlen hat. ALLAHU AKBAR - ihr Hurensöhne einer Sau, ihr verfi***...« ZAPP

»Gehören auch Sie zu den betroffenen Frauen, die wegen Ihres Körpers immer wieder schräge und vielsagende Blicke auf sich ziehen? Blicke, die ihnen vermitteln, einen minderwertigen und formlosen Busen zu haben, zu fette Schenkel, einen Schweinebauch oder eine krumme Nase? Dann sind sie nicht alleine. Viele Tausende Frauen erleiden dasselbe Schicksal. Doch wir haben eine erlösende Nachricht für sie. Denn diesem Leid hat nun Prof. Dr. Grubblocek mit seinem neuartigen und patentierten Schönheitsverfahren den Kampf angesagt. Oder wollen sie gar ihr Geschlecht von Mann zu Frau verändern? Auch dann und besonders dann sind sie bei uns an der richtigen Adresse.« ZAPP

»Sebastian Vettel und Jamson Button auf der Zielgeraden. Beide auf gleicher Höhe. Wer wird das Rennen machen? Spannung pur. Wahnsinn, meine Zuschauer. Was ist das? Nein. Oh mein Gott!«
Krach ... Schepper ... Padaboom... ZAPP

»KREISCH KREISCH KREISCH ♪♫ Papa... ♪♫ Papa... ♪♫ Paparazzi ♪♫ KREISCH KREISCH KREISCH« ZAPP

»... hat die Börse mit einem gemäßigten Handel eröffnet. Als dann aber die Meldung von der Atomreaktorexplosion über die Nachrichtenkanäle kam, stürzte der Dow Jones Index binnen weniger Minuten um 5000 Punkte in den Keller. Seitdem ist hier die Hölle los!« ZAPP

»♪♫ Ich liebe es ♪♫!« ZAPP

»Reichst du mir bitte die Milch?«
»Mit dem allergrößten Vergnügen.«
»Sehr aufmerksam von Dir! Danke! Und du bist dir wirklich sicher, dass es eine gute Idee von Dir ist, Konstantin im Krankenhaus zu besuchen. Immerhin ist er noch immer nicht über den Schock hinweg, dass du sein Vater bist!«
»Eines Tages musste er ja die Wahrheit erfahren. Ich war der Ansicht, dass er mit seinen 33 Jahren alt genug sei, um es zu verkraften.«
»Wie man sich irren kann.«
»Die Tatsache, dass er nun ein millionenschweres Erbe antreten wird sowie den Guldenhof überschrieben bekommt...« ZAPP

»♪♫ 0 800 ♪♫ 5 ♪♫ 6ex000 ♪♫« ZAPP

»Wisa. Die Freiheit nehm ich mir!« ZAPP

»Mega Vulkanausbruch, Meteoriteneinschlag, Weltbeben oder Sonnensturm. Was auch immer die Erde zerstören wird, kann niemand sagen. Wir wissen zwar nicht, wann es passiert. Aber das es passieren wird, ist gewiss.« ZAPP

»Der Weltraum. Unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise...« ZAPP

»Ich suche einen Partner mit Niveau. Deshalb bin ich bei mein-wilder-partner.com. Die Liebesbörse, die alle meine Wünsche und Sehnsüchte erfüllt!« ZAPP

»Deine Stimme ist halt mal Mega Hamma Scheisäää! Bei deinem Rumgequäke frieren mir die Eier ein. Ach was sage ich. Hau einfach ab. Was wir hier suchen, ist ein Supertrottel und nicht so eine Bitch...!« ZAPP

Nach einer weiteren halben Himmelssekunde hat sich Horst ein umfangreiches Bild über den Zustand in seiner Firma gemacht.
»Urbi et orbi Amen«, hallt es gerade noch aus dem Fernseher und an Horsts zugedröhnten und genervten Ohren vorbei. Seine Blicke, voll der Qual, schaut er Michael an: »Und? Was gibt es sonst noch zu berichten?«
»Das Übliche mein Herr. Kriege, Folter, Verbrechen, Verschwörungen, Mord und Totschlag, Terror, Habsucht, Völlerei und so weiter. Allerdings in einem Ausmaß, wie es in der Firmengeschichte einzigartig ist.«
»Ist dem so«, zeigt sich Horst verwundert.
»Ja«, bestätigt Michael und beschließt seinen Vortrag mit einem letzten Fernsehprogramm. »Schaut«, sagt er noch nüchtern.
Horst starrt in den Apparat, bekommt große Augen und will wissen: »Was ist das?«
»Die Menschen nennen es Planet. Sie denken, die Erde sei eine Kugel.«
»Bitte?«, erschreckt sich Horst, »Wie kommen die denn auf diesen Schwachsinn? Jeder kleinste Engel weiß doch, dass die Erde flach ist.«
»Ja«, bestätigt Michael, »Aber die dunklen Herrscher der Erde wurden von deinem Sohn Luzifer dazu angestiftet, die Menschen über den wahren Zustand der Erde hinwegzutäuschen. Und als wäre dies nicht schon schlimm genug, glauben nun alle Menschen, die Erde würde sich um die Sonne drehen und das Weltall, dass aus einem Nichts heraus explosionsartig entstanden sein soll, wäre Milliarden von Lichtjahren groß.«
»Lichtjahre?«, wundert sich Horst, »Was ist das?«
»Nicht jetzt, mein Herr«, entgegnet Michael, »Es würde zu lange dauern, euch diesen Blödsinn zu erklären.«
Entsetzt stellt Horst fest: »Michael, ich befürchte, ich habe die Apokalypse verpennt. Mein Zweitgeborener hat ganze Arbeit geleistet. Als ich vor vielen Stunden Moses diktierte, im Anfang war die Erde öd und leer, so muss ich den Propheten zu dieser Stunde aufs Neue sagen, im Ende ist die Erde geistig ebenso öd und leer. Nur um ein vielfaches lauter und schmutziger. Was für ein Schlamassel, Michael. Was für ein Schlamassel. Mein Sohn Luzifer hat böse gewütet. Geistige Umnachtung, wohin das Auge blickt.«
»Da ist aber noch etwas, mein Herr, was ihr wissen solltet!«
»Wie? Was? Kommt es etwa noch schlimmer?«
»Nun, ich denke, dies sollte euch euer Sohn Jesus berichten. Schließlich war es seine Idee. Glaubt mir. Ich habe versucht, ihn davon abzubringen. Letztlich ohne Erfolg«, wimmert Michael.
»Auf, sprich«, fordert Horst, »Ich habe keine Zeit für derartige Spielchen!«
»Wie ihr meint, mein Herr. Also ... Euer Sohn, Jesus ...! Ich ersuchte ihn mit der Frage, ob er einen Rat hätte, wie sich diese drohenden Zustände in eurer Firma ein wenig hinauszögern ließen. Bevor der totale Kollaps kommt und nur für so lange, bis ihr ausgeschlafen habt. Um es abzukürzen. Euer Sohn entsandte euren Hofmusikanten in eure Firma. Die längste Zeit ging auch alles gut. Gleichwie hier im Himmel, so auch in eurer Firma, konnte er mit seiner zauberhaften und einmaligen Stimme die Menschen begeistern und auf diese Weise dazu beitragen, das drohende Unheil ein wenig hinauszuzögern. Dann aber wurde er krank, depressiv und fettleibig. Kurz vor einem drohenden Herzinfarkt berief ihn euer Sohn, Euch zum Dank, von seiner Mission ab. Dennoch, ihr hättet ihn sehen sollen. Elvis hat wirklich enorm gelitten!«
Das, was ihm Michael hier berichtet, ist zu viel für Horst. Aufgeregt eilt er aus seinem Arbeitszimmer hinaus, den Korridor entlang, hinüber in das Spielzimmer seines Sohnes.
»Jesus, mein Sohn. Bist du von allen heiligen Geistern verlassen. Was hast du dir dabei gedacht, meinen Hofmusikanten zu entsenden. Gab es keine andere Lösung?«
»Paps, mach dich mal locker, man!«, erwidert Jesus nüchtern. »Elvis geht es den Umständen entsprechend wieder ganz gut. Viel wichtiger hingegen ist doch, wie du nun gedenkst, vorzugehen. Schließlich bist du es, der die Apokalypse verschlafen hat. Also - lamentiere nicht herum, sondern tu etwas. Immerhin sind da in deiner Firma zig tausende von Mitarbeitern, die nicht verstehen, weshalb die Jahrtausendbilanz nicht schon längst begonnen hat. In der Hoffnung, du würdest bald aufwachen, inspirierte ich einige deiner Angestellten in deiner Firma. Ich übermittelte ihnen wahllose Daten, zu denen sie mit dem Weltgericht rechnen könnten. Natürlich geschah nichts. Und so harren sie weiterhin der Dinge, die da wohl bald und hoffentlich kommen mögen.«
»Du hast ja recht mein Sohn«, gibt Horst unumwunden zu. »Hast du gut gemacht. Wie immer. Welches also ist der letzte Termin, den du inspiriert hast?«
»Der 21.12.2012«, gibt ihm Jesus achselzuckend zurück.
»Na toll! Das war vor drei einhalb Jahren. Und nun?«
»Keine Sorge, beruhigt ihn sein Sohn, »Ich habe die Endzeituhr neu eingestellt.«
»Aha«, staunt Horst, »Und auf welches Datum?«
»Auf kein bestimmtes. Nur auf einen Zeitraum von sieben Jahren.«
»Uff«, macht Horst erleichtert, »Das war eine gute Idee von dir, mein Sohn. So können wir die Apokalypse ein wenig strecken.«
»Eben das war meine Intension«, bestätigt ihm Jesus.
»Und ab welchem Tag wollen wir die Herrschaaren meiner Engel in die Firma entsenden?«
»Ich denke, ab dem 23. September 2017«, empfiehlt sein Sohn.
Kurz schaut Horst in seinen Sternenkalender und stellt freudig fest: »Der Tag ist perfekt. Da stehen die Wandelsterne Venus, Mars und Merkur im Zeichen des Löwen. Sie bilden hier mit den anderen neun Sternen für die Jungfrau eine zwölfsternige Krone. Zudem bekleidet an diesem Tag die Sonne den Kopf der Jungfrau und der Jupiter verlässt nach neun Monaten deren Gebärmutterbereich. Und als wären dies nicht schon all zu deutliche Zeichen, so befindet sich der Mond an diesem Tage auch noch zu den Füßen der Jungfrau. Besser geht es nicht.«
»Ja«, bestätigt Jesus seinen Papa, »So habe ich mir das auch gedacht.«
»Ja, mein Sohn«, freut sich Horst, »Du bist und bleibst mein Bester. Und?«, will er zuletzt wissen, »Was machen wir bis dahin?«
»Spiel einfach mit uns eine Partie Mensch ärgere dich nicht!«, schlägt Jesus vor und drückt seinem Papa den Würfel in die Hand.
»Auf ja. Prima. Guter Vorschlag«, entgegnet Horst und spielt den Würfel aus. »Sechs. Hi hi hi. Ich komme raus.«



Artikelbild: Foto-Kunstdruck - Tom Hönig