Donnerstag, 12. Mai 2016

Fünf Minuten nach zwölf

Sanft und freundlich schwingen die Harfenklänge aus einer lichten Ecke, hin zu seinen noch schlummernden Ohren.
»Endlich«, seufzt er. Durch seine noch traumgetränkten Augen erblickt er die riesige Uhr an der Zimmerdecke und liest das wuchtige Ziffernblatt ab.
»Endlich mal wieder so richtig ausgeschlafen«, gähnt er und streckt seine Seele vergnüglich in seinen Körper hinein.
Wie immer nach einer langen, langen, nun sehr langen Nacht, so bleibt er auch heute noch eine Weile unter der kuschlig warmen Bettdecke liegen. Er dreht sich von der einen Seite auf die andere, döst noch ein wenig vor sich hin und streichelt mit seinem Zeigefinger sachte seinen Nacken. Dort, wo er es am liebsten mag, weil es ihn hier besonders angenehm kitzelt. Derweil lässt er allmählich die Taggedanken unter seine Großhirnrinde sickern. Sich reckend und die Glieder streckend durchfährt ihn urplötzlich ein kalter Blitz des Schreckens.
»Fünf nach zwölf? Fünf NACH zwölf? FÜNF NACH ZWÖLF! ACH DU HEILIGER SCHLAMASSEL!«, schreit er, auf dass es das gesamte Schloss beschallt.
Dem Dienstpersonal fährt der Schreckensruf ihres Herrn durch Mark und Bein.
»Weshalb hat mich keiner von Euch Hirnposaunen zur rechten Zeit geweckt?«, schimpft er laut, während er noch torkelnd in seine Jesuslatschen schlüpft und den Gurt seines Morgenmantels eilig verknotet.